Pressestimmen

Ein Thriller von Macht und Missbrauch - die Hamburger Kammeroper bringt Verdi in die Gegenwart

Es ist ein System der Ausbeutung, menschenverachtend, und das Uhrwerk von Macht und Missbrauch tickt unerbittlich. (…) Geschickt zeigt das Bühnenbild von Anna Siegrot, wie sich die Räume umschließen und jeden Ausweg verhindern. Außen die Kapsel, dunkel, fast metallisch, der hermetische Raum der Macht, und innen das verletzliche Privatkabinett Rigolettos. Hier hat er Gilda eingesperrt, um sie vor der häßlichen Welt zu schützen, für die der Strippenzieher der Macht mitverantwortlich ist. (…) 

Hier wird die Oper zeitlos, ja heutig. Denn der Missbrauch fällt zurück auf die Täter. Er klebt an der Schuhsohle. Was in der psychologisch genauen Inszenierung von Roman Hovenbitzer besonders gut gelingt, ist zu zeigen, dass es bis auf Gilda keine Opfer gibt. Die Niedertracht kommt auch nicht dämonisch daher. Sie ist einfach nur niederträchtig aus purer Laune. Wie die Gruppe junger Adeliger, die Gilda für ihren Herzog entführen und vorher mit ihren Golfschlägern das Privatkabinett Rigolettos einreissen und zerschlagen. Nicht zufällig wirkt das wie eine Vergewaltigung, wenn die Papierbahnen zerplatzen. Das ist unheimlich, geht ans Herz. 

Ein alter Stoff wurde in die Neuzeit gebracht. Und die Mischung aus Gewalt und Liebe knallt richtig. Die Oper ist ein Thriller von Macht und Missbrauch, dunkel und bedrückend, keine Sekunde langweilig. Die Kammeroper bringt Verdi in die Gegenwart und das dunkle Leuchten diese Musik mitten hinein in Ohr und

Herz. 

(NDR/Kulturjournal) 

Eindrucksvolles Musiktheatererlebnis mit Verdis "Rigoletto"

Verstecken muss sich die Hamburger Kammeroper ganz sicher nicht. Sie ist ein Kleinod, ein Garant für gute Qualität für ein geringes Budget. Ein Beweis? Die Premiere von Giuseppe Verdis „Rigoletto“, die von den mehr als 200 Besuchern im ausverkauften Haus klatschend, jubelnd und trampelnd gefeiert wurde. Hier wird mit ganzem Herzen und viel Herzblut musiziert und inszeniert, gesungen und gespielt. (…) Sieben Darsteller meistern ihre Aufgabe mit Bravour und bieten ein eindrucksvolles Musiktheatererlebnis mit Enthusiasmus.

Sein „Rigoletto“ kämpft und leidet, während er sich der unmöglichen Aufgabe stellt, eine Art Doppelleben zu führen: Hier der kriecherische Hofnarr, dort der (über)behütende Vater. Er wirbelt über die kleine Bühne, sitzt wie in einem Traum gefangen mit einer Gilda-Puppe auf dem Schoß da, lacht hysterisch, geht bösartig auf die Diener des Herzogs los und bricht endlich über der Leiche seiner Tochter, wiederum eine Puppe, zusammen. (…) 

Gilda bemüht sich verzweifelt, den Vater, der nur Augen für die Puppe hat, die der Tochter aufs Haar gleicht, auf sich aufmerksam machen, zeigt unschuldige Verliebtheit und lässt die Verzweiflung spüren, die sie beherrscht, wenn sie  gefesselt und geknebelt vor den Herzog gebracht wird – den Mann, für den sie sich letztlich völlig bewusst opfert. (…) 

Etwas, das die Vorstellungen dieses Hauses noch besonders macht,  sind die Produktionen an sich: die Regie, das Bühnenbild, die Kostüme. Verantwortlich zeichnen hierfür Roman Hovenbitzer (Regie) und Anna Siegrot (Bühne/Kostüme), denen eine sehr im Hier und Heute bezogene Inszenierung gelungen ist, die deutlich mit Themen, wie Sexualpraktiken, Drogen und auch (Macht)missbrauch umgeht, ohne dabei allzu plakativ zu sein. Was dafür sorgt, dass die Oberflächlichkeit der Welt des Herzogs und die Scheinwelt, die Rigoletto für Gilda aufgebaut hat, um so mehr berühren und ohne erhobenen Zeigefinger die Frage in den Raum werfen: Ist das dort auf der Bühne nicht irgendwie auch das wahre Leben?

(Das Opernmagazin) 

 

Hovenbitzer erzählt in seiner fantasievollen Inszenierung die Tragödie als doppelbödiges Schicksals-Varieté, Sparafucile ist bei ihm nicht bloß der Mörder, sondern Conferencier und Strippenzieher, mit Zylinder und goldglänzendem Frack. Er lenkt die Figuren an unsichtbaren Fäden und tanzt dazu den Tango des Todes.

(Hamburger Abendblatt) 

 

Gebrochener Narr mit Spaßmacherfratze

Hamburger Kammeroper gelingt mit „Rigoletto“ ein vielversprechender Saisonauftakt 

Die Spielzeit-Eröffnung der Hamburger Kammeroper mit der wohl tragischsten Vater-Tochter-Beziehung der Operngeschichte führt den Besucher buchstäblich vom Licht ins Dunkle. Das bewegende Schicksal des durch seine Missgestalt bösartig gewordenen Hofnarren Rigoletto, der seine Tochter Gilda geradezu besessen liebt, sie vor den skrupellos amourösen Abenteuern des Herzogs schützen will und an sich selbst und der Liebe Gildas zum Verführer scheitert, geht auch hier zu Herzen. Das Publikum war tief berührt und begeistert. (…) Ein vielversprechender Saisonauftakt. 

(Die Welt) 

 

Regisseur Roman Hovenbitzer beweist einmal mehr, dass man Oper nicht grellbunt-quietschend mit dauerzappelnden Sängern inszenieren muss, sondern dass es auch eine ganze Ecke schlichter und vor allem durchdachter geht. Zum Beispiel, dass Rigoletto der Fluch von Graf von Monterone derart viel zu schaffen macht, dass er vor Angst fast blind ist und das auf ihn zurasende Unheil nicht erkennt. Nämlich dass seine Tochter Gilda eben nicht mehr das unschuldige kleine Mädchen ist, das er als Erinnerung in Form einer Puppe derart vergangenheitsbesessen an seiner Brust wiegt, dass es nur logisch ist, wenn diese psychologische Seelendeformation dann hier auch gleich als Grund für Rigolettos Buckel herhalten muss. Zieht er doch das Püppchen aus selbigen und schenkt ihm seine vollste Aufmerksamkeit, während sich seine herangewachsene Tochter aus Fleisch und Blut in der vom Vater erzwungenen Isolation einfach nur nach ein wenig Liebe sehnt.

Kein Wunder also, dass sie Rigolettos Dienstherrn, dem Herzog von Mantua, begierig in die Arme fliegt, jenem Herzog, der zu Beginn als Boxchampion auftritt. Nur dass er nicht seine Gegner, sondern reihenweise willige Frauen auf die Matte schickt, wenn er sich nicht gerade, weitmaulkräftig von Rigoletto unterstützt, über gehörnte Ehemänner lustig macht.

Große Oper auf kleiner Bühne ist immer eine Herausforderung. Mit Giuseppe Verdis Bühnendauerbrenner „Rigoletto“ hat die Hamburger Kammeroper diese Herausforderung erfolgreich gemeistert .

(Elbgängerin)

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