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(...) Das alles war sehr, sehr spannend erzählt in Hagen. Vor allen Dingen um diese Figur des Scarpia herum. Er ist hier das Zentrum. Wir hören ja im Moment viel von solchen Konstellationen: die mächtigen Männer, die die Frauen belästigen, bis hin sie zu missbrauchen und zu vergewaltigen. Und wir wissen immer und erfahren immer mehr: Das sind letztlich alles Machtfragen. Und dieses Ineins von Sex und Gewalt und von Macht und Diktatur, das hat Roman Hovenbitzer sehr stark erzählt in Hagen. (...) 

Die psychische Lage, die hat ihn schon sehr interessiert und da hat er viele Schlaglichter draufgeworfen. Und in Hagen ist es vor allen Dingen dieses Dreieck, diese drei Figuren. Der Künstler Mario, ein Idealist, ein Schwärmer. Dann dieser eiskalte Machtmensch Scarpia, der alles tut, um seinen Plan zu verfolgen, jede kleine menschliche Schwäche ausnutzt. Bei Tosca ist es ihre große Eifersucht, die diese ganze Sache eigentlich lostritt und den Stein ins Rollen bringt. Und eben Tosca selber, die völlig zerrieben und zermahlen wird in dieser Situation. Also eine starke, spannende Geschichte wird hier auf der Bühne erzählt, die auch immer wieder diese Theaterwelt ins Bild gebracht hat in Hagen. Denn Tosca ist ja Sängerin, Schauspielerin. Und das haben wir immer wieder gesehen, dass sie manchmal auch gar nicht weiß: Ist sie jetzt in der Realität oder spielt sie gerade eine große Opernszene? Und so ist sie ein bisschen eine Gratwanderin zwischen Realität und Illusion. (...) 

Und absolut politisch. (...) Es spielt quasi heute. Die Leute sind vielleicht ein bisschen, naja vor der Handyzeit, vor zwanzig, dreißig Jahren ist man vielleicht so herumgelaufen. Aber die Figuren sind uns ganz nah, so nah, dass es das Äußerliche vielleicht auch gar nicht braucht, wenn man die inneren Konflikte so stark erzählt. (...) Das Publikum war total begeistert. (...) Ich glaube, diese Inszenierung wird in jedem Fall das Haus füllen und insofern dem krisengeschüttelten Theater nützen. Hier ist alles richtig gemacht worden. 

Ist das eine wirkliche Empfehlung, ans Theater Hagen zu fahren und sich das anzuhören und anzuschauen? Unbedingt! - wenn man einen richtig dramatischen und auch richtig scharfen Abend sehen will. Also es ist nicht nur das schöne Opernvergnügen, sondern es geht schon echt an die Substanz.

(WDR3-Mosaik)

 

Hagen zeigt Oper Tosca als Psychoschocker

Das Theater Hagen verortet Puccinis Oper „Tosca“ im eigenen Haus. Der Tatort ist das Theater selbst. Hinter den Kulissen lauert das Grauen. Hier ist die Diva wie in einer Endlosschleife in ihrer Rolle gefangen. Ausbrechen kann sie nicht, denn sie bedient eine Männerphantasie aus Sex und Gewalt. Puccinis Opernkracher „Tosca“ wird in Hagen zum Psychoschocker mit einem sehr schön aufeinander hörenden und bis in die Nebenrollen bestens besetzten Ensemble. Das Publikum feiert eine spannende Produktion mit langem Beifall im Stehen.

Räume der Angst

Puccinis „Tosca“ gehört zu den wenigen Opern, in denen Ort und Zeit exakt festgelegt sind. Die Handlung spielt am 17. und 18. Juni 1800 in Rom, und zwar in der Kirche Sant’Andrea della Valle und in der Engelsburg. Regisseur Roman Hovenbitzer und Bühnenbildner Hermann Feuchter brechen in ihrer gut gearbeiteten Inszenierung diese Zuweisung auf und legen Räume der Angst frei, die ebenfalls präzise lokalisiert sind: im Theater Hagen mit einer Milly-Steger-Figur als Madonna und einem Ratssaal, der mit fiesem Furnier getäfelt ist. Dabei verschieben und überlappen sich die Zeitebenen. Zu den symbolischen Requisiten in Hovenbitzers verrätselten Inszenierungen – und er hat in Hagen bereits viele hervorragende Deutungen gezeigt – gehören gerne Schmalfilmkameras, Plattenspieler und Projektoren, alles Instrumente einer analogen Epoche, mit denen sich Erinnerungen festhalten und abrufen lassen.

So ist auch Scarpia eine Geisel seiner eigenen Besessenheit von Tosca, der Oper und der Sängerin zugleich, die er immer wieder zur Wiederholung ihrer Fehlentscheidungen zwingt. Mit dem Malerpinsel dirigiert er ihre berühmte Arie „Vissi d’arte“ mit, ganz der Opernfan und Connaisseur, und mit eben diesem Pinselgriff wird Tosca ihn töten. (...)

Ein gigantisches Kreuz dominiert die Szene. Es steht für die Passion des Malers und der Diva. Aber eigentlich steht es im Weg. 

Denn die Unausweichlichkeit der Katastrophe erschließt sich viel eher in den nüchternen Wänden von Scarpias Amtssitz, honeckerbraun getäfelt wie der frühere Ratssaal der Stadt Hagen, ein Ort von Macht, die stets missbraucht werden kann. Dort feiert Scarpia als schwarzgeflügelter Todesengel seine Auferstehung, und Tosca stürzt sich vom Dach. Aber nur in der Projektion.

Das Spiel kann weitergehen.

(Westfalenpost)

 

Szenisch eine ganz außerordentlich dramatische und packende Aufführung

(...) Tosca kann oftmals gar nicht herausfinden, ob sie gerade auf der einen oder auf der anderen Seite landet, und sich eigentlich stets selber in Szene setzt. Und dahinter agiert aber immer der allmächtige Regisseur Scarpia, der das Spiel letztlich nach seinem Willen lenkt, der Tosca – obwohl sie immer so tut, als würde sie diese Situationen stets durchschauen und sie deswegen gerade besonders schön zelebriert – in tödlichem Ernst richtig erlegt, jagt, zur Strecke bringt. (...) Es wird sehr stark gespielt. (...) Extrem aktuell.

(WDR5/Scala-Bühne)

 

Flucht aus der Realität: „Tosca“ mal anders, doch überzeugend. Eine stark umjubelte Premiere.

(Theater pur)

 

„Tosca“ am Theater Hagen - eine stark umjubelte Premiere

Die Inszenierung stammt von Roman Hovenbitzer, ständiger Regiegast am Theater Hagen. Auch er verzichtet nicht gänzlich auf werktradierte Deutungsansätze. Doch lenkt er den Blick des Zuschauers sofort auf einen in der linken Loge platzierten Schminktisch Toscas (Bühne: Hermann Feuchter). An ihm verbringt die Diva nahezu ihr ganzes Leben, weitgehend abgeschottet von den Wirrnissen jenseits der Bühne. Auch der Maler Cavaradossi ist ein sich verzehrender Künstler, wenn auch nicht ganz so weltabgewandt (er durchschaut Scarpias Machenschaften und kennt den politischen Rang von Angelotti). Dennoch flüchtet er mit seiner Geliebten in ein fragwürdiges Glücklichsein, welches – da nicht genügend geerdet – stets Gefahr läuft, von brutaler Realität unterhöhlt zu werden. (...)

Die Hagener Aufführung beginnt musiklos mit einer Verbeugung Toscas (plus Partner) im Hintergrund, gerichtet an ein imaginäres Auditorium, welches im Hagener Zuschauerraum zu sitzen scheint. Dieser Vorgang wiederholt sich später noch einmal. Der 3. Akt ist in Hagen dann wirklich ganz große Show, bei der sich Wirklichkeit und Halluzination mischen. Der eigentlich tote Lüstling Scarpia übernimmt die Rolle des Schließers, wird von der Kostümbildnerin Anna Siegrot mit schwarzen Flügeln in einen Todesengel verwandelt, lenkt – Charon gleich – die Liebenden auf einem Boot, zu welchem nun ein schon vorher symbolisch genutztes Riesenkreuz geworden ist, in die vermeintliche Freiheit. Das Hagener Publikum zeigte sich von der eigenwilligen Deutung fasziniert, war es auch von der Ausstattung Hermann Feuchters. Diese arbeitet auf der von „Gefängnis“wänden umstandenen Bühne vor allem mit bemalten Gazeschleiern, darauf zu sehen mal Realistisches wie die Kirche Sant’ Andrea della Valle, mal ein fratzenhaftes, dämonisches Gesicht. Am unteren Rand liest man „L’arte è figlia della libertà“. Der Sprung Toscas von der Engelsburg wird nota bene filmisch gezeigt – Macht des Theatralischen selbst noch im Tod. (...) Ein Abend mit starker Wirkung und eine großartige Leistung an einem gefährdeten Haus.

(Der Opernfreund/Der neue Merker)

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