Pressestimmen

Nichts für die Tonne!

Die musiktheatralischen Ausgrabungen am Stadttheater Gießen erfreuen nicht nur Profis, sondern wecken auch breiteres Publikumsinteresse in der Universitätsstadt und ihrem Umland. Und dem philologischen Eifer entspricht eine bemerkenswerte Aufführungsqualität – auch in der Realisierung von heiteren Stücken. (...) Die personenreiche, verzwickte, aber auch vergnüglich belanglose, klischeehafte Story wird abgewickelt wie nebenbei: Hauptsache sind die glitzernden Revue-Ingredienzien, ihr tänzerischer Impetus und die atemberaubende Ausstattung. Davon wurde in Gießen reichlich spendiert. Schwindelerregend blieb die Drehbühne mit ihren wenigen, geschickt plakativen Elementen von Hank Irwin Kittel in Bewegung, dauernd wechselten die Akteure ihre Kostüme (ebenfalls von Kittel entworfen; ebenso fantasievoll wie grotesk). Mit einer Handvoll gutgewachsener Girls verbreitete die Tanzcompanie Gießen lupenreines Showbiz-Flair, Chor und Extrachor brillierten mit Geträller und Gejuchze in teils stratosphärischen Stimmlagen. dazwischen gab es eine parodistisch gekonnte Strecke aus dem Brahms-Requiem. Regisseur Roman Hovenbitzer bewies ausgeprägtes Talent für die leichte Muse, sorgte für Tempo und Rasanz und ließ die Darsteller glänzen als seien hier in jeder Rolle Stars am Werke. (...) Das frivole Leben der Reichen wurde von Hovenbitzer sorgfältig runderneuert und mit Motivspritzern aus der Finanzkrisen-Gegenwart bedacht. (...) Fast poetisch das Finale: Der (über dreistündige) Abend klang mit nur drei Musikern im Graben und Klavier auf der Bühne aus – das prächtige Philharmonische Orchester Gießen bekam mitten in der Vorstellung seine fiktive Entlassung mitgeteilt. 

(Opernwelt)

 

Die Inszenierung funktioniert gut, das muss man sagen. Man kann sich an manch kabarettistischem Scherz erfreuen. 

Die Handlung hat auch heute noch satirischen Biss, wie Regisseur Roman Hovenbitzer zeigt. Er verlegt sie in die Welt der oberen Zehntausend von heute. So geht es um Geldheiraten, Spekulationsblasen, Banken- und Eurokrise, bis die Lehman-Pleite dem aufgekratzten Treiben ein prekäres Ende bereitet. Madame Criquet und ihre tanzenden Heuschrecken triumphieren und vertreiben die ernüchterte Gesellschaft aus ihrem Hochfinanzparadies. Auf einem Campingplatz finden sie sich wieder, von allen guten Geistern verlassen – und vom Orchester, das protestierend den Graben verlassen hat. Nur noch eine kleine Kammerbesetzung begleitet ihr klägliches Tun. In dieser finalen Reduktion geht das Konzept der Inszenierung auf. ... 

DIE OBEREN ZEHNTAUSEND von Gustave Kerker, das ist eine Gesellschaftssatire, eine Nummernrevue – und die zündet auch.

(Bayerischer Rundfunk/BR)

 

Roman Hovenbitzer überarbeitete das Libretto und siedelte das Werk in der Welt der Börsenspekulanten an. Seine Inszenierung war schwungvoll, mit viel Humor und Ironie angereichert und bot parodistische Szenen zur heutigen Politik und dem unseligen Bankenwesen. (...) Das gut ausgewählte, typengerechte Sängerensemble wurde durch seine gute Personenführung auch schauspielerisch gefordert. (...) Die Vorstellung begann mit einer „gekünstelten“ Verspätung. Die Schauspielerin Marie-Louise Gutteck, die einen wunderbaren Conférencier abgab, vermisste das Orchester, ließ ein Klavier auf die Bühne schieben, auf dem der Pianist erste Melodien intonierte, und begrüßte dann auf süffisante Art und Weise die eintrudelnden Musiker und den Dirigenten. Der Gag wiederholte sich zum Gaudium  des Publikums am Ende der Aufführung nochmals und ist wohl eine Anspielung auf die Kulturpolitik in vielen deutschen Städten, die gerade für die Orchester ein großes Problem bedeuten. (...) 

Das Publikum unterhielt sich prächtig und dankte allen Mitwirkenden mit lang anhaltendem Applaus. 

(Der neue Merker)

 

Der Tanz der Heuschrecken – mit Schmelz und einem Hauch Ironie

Man scheute keinen Aufwand, weder beim Personal (Chor und Extrachor, Tanzcompany, Philharmonisches Orchester), noch bei der Ausstattung, schon gar nicht bei der Pyrotechnik. Vor allem die Damen ziehen sich nach fast jedem Auftritt um, die Tänzerinnen sind mal von Kopf bis Fuß goldig, mal im sexy Krankenschwesterlook, kommen zuletzt zusammen mit Kollegen als Monsterheuschrecken auf die Bühne. Da wird’s dann, Symbolik hin oder her, doch etwas überkandidelt. (...) Regisseur Roman Hovenbitzer hat unbeschwert modernisiert und aktualisiert. Figuren heißen Dominique Kahn-Stross oder Mont-Guttenberg, eine Madame Criquet gibt die Heuschrecken-Conférencière. Anleihen bei der Frankfurter Euro-Skulptur Ottmar Hörls hat Bühnenbildner Hank Irwin Kittel gemacht.

(Frankfurter Rundschau)

 

Eine völlig dekadente Oberschicht, die mit ihrem Reichtum prahlt, die ihr Geld mit Wetten beim Pferderennen und durch Spekulationen an der Börse verdient. Verdient so eine Gesellschaft Glück und Liebe? Natürlich nicht. Aber bei einer solchen Operette darf der gehobene Zeigefinger gerne mal unten bleiben, denn in DIE OBEREN ZEHNTAUSEND am Stadttheater Gießen geht es um Unterhaltung, um gute Unterhaltung – für die Gesellschaft jenseits der oberen Zehntausend. Warum das im besten Sinne unterhaltsame Stück über hundert Jahre in einen tiefen Dornröschenschlaf versunken ist, weiß keiner so genau. Aber eines ist gewiss: Es hat sich gelohnt, dass es das Stadttheater Gießen nun mit viel Liebe wieder wachgeküsst hat.

(Westdeutscher Rundfunk/WDR)

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