pressestimmen

Rusalka als doppelter Traum 

Inszeniert hat der junge Roman Hovenbitzer, dem die Kieler schon genial-kurzweilige „Meistersinger“ zu verdanken haben. Zusammen mit Tilo Steffens (Bühne) und Henrike Bromber (Kostüme) landet er einen Bühnencoup, über den man intensiv nachdenken kann. 

Ist man im 1. und 2. Akt leicht irritiert wegen des eher „werkgetreuen“ Bühnenbildes, das man so bei Hovenbitzer nicht erwartet hat (abgeschottete Grotte mit Brunnen, Statue einer Meerjungfrau, dann protziger Palast mit goldenem Brunnen und Palme), dreht die Bühne sich im 3. Akt und gibt den Blick frei auf eine Mischung zwischen Irrenanstalt und Gulag. Größer kann der Kontrast zum bisher Gesehenen nicht sein. Und, da auch der Prinz zu den Insassen gehört, wird klar, dass die bisherige Handlung ein Traum der Rusalka war. Die Realität hat sie gnadenlos eingeholt, eine verwirrte, kranke Frau. Aus dem prächtigen Brunnen ist nun ein Plastikeimer mit billigem Wasserhahn geworden. Eine interessante, gescheite Inszenierung, die an keiner Stelle die Musik „tötet“. (...) 

Ein Abend, den man nicht vergisst! Die Kieler Oper ist für jeden Dvorak-Fan ein Muss!

(Der Opernfreund)

 

Große Stimmen, eine anrührende Geschichte und viele märchenhafte Bilder: Im Kieler Opernhaus feierte ein begeistertes Premierenpublikum Antonin Dvoraks Oper „Rusalka“. (...) 

Vor grellbunter Kulisse, in der Bauwerke europäischer und amerikanischer Metropolen zur Allerweltsstadt verschmelzen, ist eine schräge Party im Gange. Zwischen Betrunkenen und Amüsierwilligen, zwischen goldenen Palmen und Go-Go-Girls im Nixendress, irrlichtert die barfüssige Rusalka in ihrem weißen Brautkleid als mottenhafter Fremdkörper umher. Die Liebe des Prinzen hat sie verloren. (...)

Mit dem Scheitern des Traumes von der Liebe gerät das Märchen zunehmend in Schieflage und am Ende ist vollends Schluss mit der Romantik. In der Tristesse eines Wohnheimes für gestrandete Seelen erfüllt sich das Schicksal von Prinz und Nixe. Die Gegensätze beider Welten sind auf ein Einheitsgrau nivelliert.

(Flensburger Tageblatt)

 

Das erste Bild zeigt eine Grotte mit Brunnen, über die eine Nixen-Statue wacht. Die andere, menschliche Welt ist nur über eine lange Leiter zu erreichen. Die Wasseratmosphäre wird durch echtes Wasser aus einer Quelle und schimmernde Lichteffekte realistisch nachgestellt. Auch das bunte Treiben des Naturvolks ist ein Blickfang: die Elfen in bunten Kostümen und die Nixen in folkloristisch-osteuropäischen Trachten mit Kopfbedeckungen, die an Schwanzflossen erinnern. (...) 

Die Gesellschaft des Prinzen findet sich in einem prachtvollen Raum mit Las Vegas- oder Rotlichtmilieu-Atmosphäre wieder. Auch der Chor repräsentiert mit seinen extravaganten Kostümen ein hedonistisches Treiben: Tänzerinnen in Meerjungfrauen-Kostümen, unverschämt-prollige Freier und exzentrische Frauen. Ein Whirlpool darf hier auch nicht fehlen. Im dritten Bild bietet sich ein verarmtes Altersheim mit einem ganzen Arsenal von mehrstöckigen Betten dar. (...) 

Das Publikum belohnt diesen Opernabend mit zunächst verhaltenem, aber dafür umso längerem Applaus. Die exzentrische Darstellung der Spaßgesellschaft ist betont gesellschaftskritisch und macht nachdenklich. Leben wir wirklich in so einer Welt? Der Prozess des Alterns ist ein gelungener Schachzug in der Inszenierung. Verstärkt wird er durch das eindrucksvolle und detailverliebte Altersheim-Bühnenbild. (...) 

Knallhart-bitter, aber auch traurig-schön.

(Operapoint)

 

Im Auffanglager der Sehnsüchte

(...) Die erniedrigende Niederlage gegen die fremde Fürstin ist noch gar nicht das Schlimmste, was Rusalka erwartet. Zu Hause wird ihr deutlich, dass auch die heile Provinz-Welt des Wassermanns nur Fassade war. Tilo Steffens lässt seine Drehbühne rotieren und zeigt die Kehrseite der Grotte: ein Auffanglager für gescheiterte Sehnsüchtler. In turmhohen Etagenbetten vegetieren die geistig oder körperlich Versehrten, gefallene Engel, gestolperte Traumtänzer und böse Buben. Rusalkas Todeskuss bietet an diesem Unort den letzten Rest Herzenswärme. Jezibaba ist in Hovenbitzers Realmärchen-Kosmos keine unerklärlich böse Hexe, sondern eine in den Hass getriebene Vorgängerin Rusalkas, eine, die schon weiß, dass in der Next-Topmodel-Sphäre allein der Lippenstift die Frauenseele ausmacht. Und sogar der Wassermann entpuppt sich hier als finstere Figur: Seine väterlich warnenden „Wehe“-Rufe dienen dem Eigennutz, denn auch Rusalka ist Ziel seines sexuellen Machtmissbrauchs. Echte Liebe und reiche Prinzen stören da empfindlich. (...) 

Die Inszenierung lohnt die Auseinandersetzung.

(Kieler Nachrichten)

mobil: 0173/2901840

mail: romanhovenbitzer@gmail.com